Leben im Landesinneren

Die Suche nach einem ausgeglicheneren, gesünderen und glücklicheren Leben für die ganze Familie hat immer mehr portugiesische Familien dazu veranlasst, Ruhe und Frieden zu finden indem sie ins Landesinnere ziehen.
Im Gegensatz zu unseren Eltern und Großeltern, die massenhaft in die Großstädte abwanderten, weil sie nur dort einen "guten Job" finden und das Leben führen konnten, das sie anstrebten, sucht die heutige junge Generation zwischen 25 und 40 Jahren das Gegenteil.

Es ist eine bewusstere Generation, die Wert auf gutes Essen, frische Luft und das physische und psychische Wohlbefinden der ganzen Familie legt.
Wenn wir von der Verbesserung der Lebensqualität sprechen, meinen wir nicht nur Ruhe und Frieden, welche wir im Landesinneren finden können, weit weg vom Lärm der Großstädte und von all den Staus, überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln und oft auch Verspätungen. Wir sprechen auch über die Wirtschaft, denn das Leben im Landesinneren hat auch seine Vorteile: Die Kosten für Häuser, sowohl für den Kauf als auch für die Miete, sind im Durchschnitt drei- bis fünfmal niedriger als in den großen städtischen Zentren.

Auch die Ernährung ist ein Thema, das unsere Aufmerksamkeit verdient: In den Dörfern werden die Produkte oft in den eigenen Gärten geerntet (und sind daher gesünder), und wenn das nicht der Fall ist, findet sich immer ein freundlicher Nachbar, der seine Ernte gerne teilt. Auch die menschliche und soziale Seite ist ein Mehrwert für die Bewohner der Dörfer. In der Stadt ist es aufgrund des Zeitmangels und der hohen Bevölkerungsdichte selbst für die kontaktfreudigsten Menschen nicht einfach, alle Nachbarn zu treffen. Oft kennt man jemanden, der in einem Gebäude wohnt, aber man weiß nicht, wer die anderen Bewohner sind. Im Landesinneren herrscht ein großes Gemeinschaftsgefühl und ein großer Geist der gegenseitigen Hilfe, der seit Generationen anhält. Ein Beweis dafür ist die Aussage von Patrícia Guerra, die Lissabon im Alter von 28 Jahren verließ, um in das Landesinnere zurückzukehren, wo sie geboren wurde:

"Ich wurde in der Gegend von Trancoso geboren. Als ich 11 Jahre alt war, zogen wir nach Lissabon. Ich habe dort viele Freunde gefunden, bin aufgewachsen und habe studiert. Aber der Wunsch, zurückzukehren, war immer da. Im Jahr 2010, im Alter von 28 Jahren, kehrte ich aufgrund einer beruflichen Einladung in meine Heimatstadt zurück. Die Vorteile des Lebens hier sind, dass ich mehr Zeit für die Familie habe, meine Kinder in der Nähe zur Schuleund   zu Fuß zur Arbeit gehen können. Es gibt mehr Interaktion mit der Großfamilie. Auf den Straßen ist man sicherer, jeder kennt jeden, man spielt mehr im Freien. In Lissabon habe ich früher viel Zeit im Verkehr verloren, jetzt verbringe ich diese Zeit in den wunderschönen Landschaften des Douro. Wir legen mehr Kilometer zurück, um irgendwohin zu gelangen, aber wir kommen in kürzerer Zeit an. Unser Essen ist gesünder, wir pflücken unser Gemüse und Obst direkt aus dem Garten. Wir haben mittelalterliche Märkte, Feste und regionale Bräuche. Wir wissen, wohin wir gehen müssen, wenn wir mehr Bewegung wollen, aber an den meisten Tagen ist es die Stille, die uns Gesellschaft leistet. “

Der Wunsch einer wachsenden Zahl von Familien, die geschäftigen Küstenstädte des Landes zu verlassen, hat sich als eine der unvorhersehbarsten Auswirkungen der Pandemie erwiesen - und vor allem der massiven Verbreitung der Telearbeit. Von der verführerischen Lebensqualität bis hin zu den finanziellen Vorteilen sind die Vorteile des Lebens im Landesinneren zahlreich.
Ein Beispiel für diese Familien ist der Fall von Lídia und David und ihren beiden Töchtern (eine 13 und die andere 7 Jahre alt), die nach der Pandemie beschlossen, ein ruhigeres Leben zu führen.
"Ich bin vor vier Monaten mit meinen Töchtern und meinem Mann ins Landesinnere gezogen. Wir waren auf der Suche nach einer besseren Lebensqualität, einem Leben ohne Hektik, mit weniger Stress und mehr Zeit für Familie und Hobbys.
Die Telearbeit meines Mannes ist ein großer Vorteil, denn was die Arbeitsmöglichkeiten selbst angeht, ist es hier komplizierter. Es gibt weniger Unternehmen, aber andererseits spricht sich das schneller herum und die Leute sind sofort bereit zu helfen, und es gibt weniger "ausgebildete" Leute, so dass man mehr Möglichkeiten hat, weil es weniger Konkurrenz gibt. Es gibt sogar das “MAIS-Programm für den Innenbereich”, bei dem das IEFP Hilfe anbietet, um die Arbeitssuche zu erleichtern.

Meine Töchter, vor allem die jüngere, fanden die Schule mit so wenigen Kindern seltsam, aber jetzt gefällt ihnen die familiäre Atmosphäre, sie kennen nicht nur ihre Freunde, sondern auch ihre Eltern, Großeltern und Onkel. Sie haben neue Aktivitäten wie das Singen der “Janeiras”, die Musikakademie, das Läuten der Glocken oder die Besichtigung des “brennendem Holzstapels” zu Weihnachten, wo sie immer ihre Schulfreunde treffen.
Die Teenagerin mag es, sich autonomer zu fühlen, den Bus am Morgen zu erwischen, länger bei ihren Freunden zu bleiben, um den einzigen Bus am Ende des Nachmittags zu erwischen, und sie fühlt sich freier und mehr im Einklang mit der Natur. Ich habe das Gefühl sie ist jetzt ruhiger!

Wir vermissen Sushi essen, den Strand, Lidl, Einkaufszentren und Padel, aber es zahlt sich auf anderen Ebenen aus! "Auch für das Land hat diese Art der Migration einen großen Mehrwert. Die Bevölkerung verteilt sich besser und das Landesinnere wird besser gepflegt und entwickelt. Als Anreiz erhalten die Familien eine finanzielle Unterstützung durch den portugiesischen Staat, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen und sich für diese Art von Programm bewerben. Es gibt verschiedene Arten von Unterstützung, die Familien beantragen können: Es handelt sich um eine finanzielle Unterstützung sowohl für Arbeitnehmer, die einen Arbeitsvertrag abschließen, als auch für diejenigen, die ihr eigenes Unternehmen gründen wollen.

Die finanzielle Unterstützung kann bis zu 4.800 Euro betragen, abhängig von der Region, in der Sie leben, und von Ihren Bedürfnissen. Auch im IRC spüren Familien diese Änderung. Der Abzug für die Vermietung von Immobilien steigt auf 1.000 Euro, ebenso wie der Abzug für Ausbildungskosten. Diese Art der Unterstützung bis Ende 2023 gilt auch für ausländische Auswanderer, die sich ein Leben abseits der großen Städte aufbauen wollen.

Portugal ist ein Land mit einem unglaublichen Landesinneren, mit einem außergewöhnlichen Klima und einer außergewöhnlichen Natur, aber nicht alles ist ein Vorteil: Trotz der Anreize und der niedrigeren Lebenshaltungskosten sind die Gehälter im Landesinneren auch niedriger als in den großen Städten und es gibt weniger Arbeitsplätze. Aufgrund der geringeren Anzahl von Kindern gibt es auch weniger Schulen, die manchmal weiter von den Wohnorten entfernt sind.

Für Kultur- und Showliebhaber ist das Leben im Landesinneren ebenfalls nicht vorteilhaft, da es in den Städten ein größeres Angebot und eine größere Vielfalt gibt.

Wenn es eine Gewissheit gibt, die ich Jahr für Jahr habe, dann ist es die, dass wir eine stärkere Verteilung der gesamten portugiesischen Bevölkerung sehen werden, wodurch die Konzentration in den großen Städten minimiert wird. 

Autorin: Cláudia Ferreira